Kritik an „Fehlentscheidungen“: Bürgerliste Bodenwöhr schlägt Alarm
Scharfe Kritik an der Arbeit des Gemeinderats und des Bürgermeisters hat die Bürgerliste Bodenwöhr (BLB) geübt: Bei einem Pressegespräch erklärte ihr Fraktionssprecher Alois Feldmeier, man wolle sich von „Fehlentscheidungen“ des Gemeinderats distanzieren.
Auf Nachfrage der Mittelbayerischen wehrten sich die übrigen Fraktionen und Rathauschef Georg Hoffmann (CSU) gegen die Vorwürfe. Von den Freien Wählern gab es aber auch andere Töne.
Am Pressegespräch der BLB im Café Smalltalk nahmen außer Feldmeier auch die BLB-Gemeinderäte Alfred Brosig und Kurt Pröll teil. Feldmeier übte in seiner Rede umfangreiche Kritik an den anderen Fraktionen. „Wenn der Gemeinderat weiter auf seine Kontrollfunktion verzichtet und der immer wieder falschen Reihenfolge kaufmännischen Handelns zuschaut, dann werden wir unsere Kosten nicht mehr in den Griff bekommen oder weitere gewaltige Gebührenerhöhungen akzeptieren müssen“, sagte er.
Kritik zielte direkt auf den Bürgermeister
Der BLB-Fraktionssprecher führte zur Untermauerung seiner Vorwürfe als zentrales Beispiel den Kauf des Bahnhofsgebäudes in Blechhammer ins Feld. Die Mehrheit im Gemeinderat sei – trotz erheblicher Bedenken der BLB bezüglich der Bausubstanz – dem Bürgermeister gefolgt und habe sich für den Kauf ausgesprochen – „ohne nähere Information, ohne ein Nutzungskonzept, das diesen Namen auch verdient“, so Feldmeiers Standpunkt. Was die Bodenwöhrer von dem Projekt hätten, sei fraglich. Solche Politik führe dazu, dass das Geld in der Gemeinde für kommunale Pflichtaufgaben nicht mehr reiche. Gebührenerhöhungen – beispielsweise bei Wasser, Abwasser oder Kita – seien „das ultimative Zeichen, dass im Rathaus die Haushaltspolitik fraglich“ sei.
Feldmeiers Kritik zielte im Lauf des Pressegesprächs auch direkt auf Bürgermeister Hoffmann: Er sprach dabei von „Planlosigkeiten, die uns so viel Geld kosten und die sich wie ein roter Faden durch die Amtszeit des Bürgermeisters“ zögen. Man baue in Bodenwöhr derzeit vielleicht das modernste Schulhaus im Landkreis, vernachlässige dafür aber Pflichtaufgaben wie zum Beispiel die Abwasserentsorgung, monierte Feldmeier.
Der BLB-Sprecher erklärte außerdem, es sei allgemein bekannt, dass auf Kommunen schwere Zeiten zukämen, weil Förderungen gestrichen und Preise weiter steigen würden. Andere Kommunen würden Wünschenswertes zurückstellen und Notwendigem den Vorrang geben. „In Bodenwöhr ist das anders. Hier wird scheinbar alles angeschoben, was der Wiederwahl des Bürgermeisters dient“, sagte Feldmeier.
SPD-Fraktion wehrt sich
Auf Nachfrage der Mittelbayerischen äußerte sich SPD-Fraktionssprecher Stefan Rauch zur Kritik der BLB und betonte, man distanziere sich von der „unsachlichen Kritik“ der Bürgerliste. „Die Gemeinderäte der SPD wägen Tagesordnungspunkte stets kritisch ab und treffen ihre Entscheidung sachlich, ohne Parteizwang und schon gar nicht als Erfüllungsgehilfe des Bürgermeisters“, kommentierte Rauch.
Im Gegensatz zu den Räten der BLB seien die SPD-Gemeinderäte aber „auch fähig, demokratische Mehrheitsbeschlüsse mitzugestalten und diese zu respektieren, auch wenn diese nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen“. Laut Rauch seien sie außerdem in der Lage, rechtliche Zusammenhänge wie zum Beispiel des Kommunalabgabengesetzes zu erfassen. Daher sei den SPD-Räten auch bekannt, so Rauch, dass Sanierungen ortsbildprägender Gebäude unter Ausnutzung maximaler Fördermöglichkeiten im Rahmen der Städtebauförderung keinerlei Einfluss auf Gebührenkalkulationen hätten, die dem Kostendeckungsprinzip unterliegen.
Weiter betonte Rauch, die SPD-Gemeinderäte stünden „klar hinter dem Schulhausneubau, um unseren Kindern einen sicheren und modernen Schulstandort“ bieten zu können. Man sehe sich in der „aktuell ohnehin politisch aufgeladenen Stimmung in der Pflicht, durch Besonnenheit zu überzeugen, und nicht auch noch durch unsachliche, verdrehte und falsche Behauptungen die Stimmung auf kommunalpolitischer Ebene aufzuheizen“.
Freie Wähler äußern sich zu Sorgen
Auch die Fraktion der Freien Wähler gab auf Nachfrage der Mittelbayerischen eine Stellungnahme ab. In Demokratien entscheide die Mehrheit – die in Bodenwöhr häufig die CSU-Fraktion des Bürgermeisters habe. Aber: „Es gehört zu einer Demokratie, Mehrheitsbeschlüsse zu akzeptieren, auch wenn man selbst anders entschieden hat. Nachträgliches Infragestellen, Boykottieren oder Diskutieren bringt niemanden weiter. Dann gilt es, aus den gefällten Entscheidungen das Beste zu machen“, kommentierte FWG-Fraktionssprecher Christian Lutter die Aussagen der BLB. Einige Entscheidungen in Bodenwöhr bereiteten den Freien Wählern zwar große Sorgen, änderten aber nichts an den Beschlüssen.
Doch Lutter schlug in seiner Stellungnahme auch kritische Töne an: Dass bei manchen Entscheidungen in Bodenwöhr der Gemeinderat oder die FWG-Fraktion nicht eingebunden worden sei, sei dem Entscheidungsbudget des Bürgermeisters geschuldet und von den Freien Wählern bereits gegenüber der Presse moniert worden. Die FWG-Fraktion werde das künftig nicht kommentarlos hinnehmen, kündigte Lutter an.
Außerdem hoffe man bei den Freien Wählern, dass „die uns vorgelegte Finanzierung des Haushaltes, der auf Grundlage der dem Gemeinderat vorgelegten Unterlagen mehrheitlich beschlossen worden ist, auf einer soliden Kalkulation beruht und wir keine unliebsamen Überraschungen in Form ausbleibender Fördermittel erleben werden“.
CSU-Fraktion weist Vorwürfe zurück
Für die CSU wiesen die Fraktionssprecher Walter Spirk und Andreas Seitz die Ausführungen der BLB zurück. „Die Kritik am Gemeinderat oder den einzelnen Räten durch die Bürgerliste ist unangebracht“, kommentierten sie. Für die CSU-Fraktion gebe es „keine falsche Reihenfolge des kaufmännischen Handelns“. Eine Gemeinde werde nach Haushaltsrecht geführt. Der CSU-Fraktion sei nicht klar, was von Seiten der BLB mit falscher Reihenfolge gemeint sei.
Der Ankauf des Bahnhofsgebäudes sei eine Entscheidung, mit der sich der Gemeinderat beschäftigen musste. „Wir wurden als Gemeinderäte sehr früh über den Verkauf informiert. Wir haben das Gebäude besichtigen können, und der Bürgermeister und die Verwaltung haben uns alle relevanten Entscheidungsgrundlagen aufbereitet, angefangen von der in Aussicht stehenden Förderung, dem Wertgutachten, dem Nutzungskonzept bis zu den möglichen Kosten“, so Spirk und Seitz weiter. Ein Gebäude mit einem Verkehrswert von über 200.000 Euro für 85.000Euro erwerben zu können , sei nicht der falsche, sondern der richtige Weg. „Wir brauchen auch keine Kontrollfunktion, da jede Tätigkeit, die die Verwaltung oder der Bürgermeister ausführt, auf unseren Entscheidungen beruht. Wir wissen, was wir entschieden haben, und das passiert auch“, so Spirk und Seitz.
Die Kritik der BLB am Rathauschef bezeichneten die beiden als „haltlos, beleidigend und verletzend“. Dem Bürgermeister Planlosigkeit und eine fragliche Haushaltspolitik zu unterstellen, sei angesichts eines Schuldenabbaus um fast drei Millionen Euro eine Frechheit. „Wir liegen derzeit bereits unter dem Niveau der Schulden, welche Bürgermeister Albert Bauer an Bürgermeister Richard Stabl übergeben hat“, so Spirk und Seitz. Die von der BLB außerdem kritisierten Gebührenerhöhungen hätten ganz andere Gründe als von ihr genannt.
Bürgermeister Hoffmann hält dagegen
Rathauschef Georg Hoffmann wehrte sich ebenfalls vehement gegen die Kritik. In Sachen Bahnhofsgebäude sei der Impuls, dass es zum Verkauf stehe, aus der Bevölkerung gekommen. Der nächste Schritt, nämlich den Gemeinderat darüber zu informieren und einzubinden, sei „absolut unverzichtbar“.
Dies sei von Seiten der Gemeindeverwaltung auch erfolgt und in zwei Besichtigungen des Objekts gemündet. „Dem Gemeinderat stehen für seine Entscheidung stets alle nur denkbaren Informationen zur Verfügung – so auch beim Thema Bahnhof“, so Hoffmann. Die Diskussion im Gremium sei nicht einfach gewesen, er habe sich „sehr ernsthaft und gründlich“ damit beschäftigt – und am Ende habe es eine „demokratische Mehrheit“ gegeben. Er frage sich, was genau die BLB hier mit der fehlenden Kontrollfunktion des Gemeinderats meine.
Auch die Kritik der BLB, in Bodenwöhr würden Grundaufgaben vernachlässigt, weist Hoffmann von sich. „Wir sanieren Straßen, wir sanieren Wasserleitungen – jährlich für zwei Millionen Euro. Wir machen städtebauliche und ländliche Entwicklung und beseitigen Missstände. Wir verbessern die Ausstattung der Gemeinde, der Wege, des Tourismus, wir erhöhen das kulturelle Angebot – was wird vernachlässigt?“.
Auch den Vorwurf, es würden Projekte vorangetrieben, die seiner Wiederwahl dienten, weist er scharf zurück. Für ihn habe die Wiederwahl in seiner Arbeit keine Relevanz. Das Projekt Schulhausneubau sei dringend nötig und von seinem Vorgänger angestoßen worden. Wer an der Bildung spare, sei auf dem Holzweg. Für den Schulbau hole man Gelder in Höhe von zehn Millionen Euro nach Bodenwöhr, über acht Millionen seien bereits per Bescheid zugesagt. „Das nennt man Gemeindeentwicklung.“